Urban Mobility

Back to the Future – Wie Hollywood unsere Mobilitätskonzepte prägt

Einblicke in die Mobilität der Zukunft

Fliegende Taxis, selbstfahrende Autos, alles gleitet irgendwie schwerelos dahin: So ungefähr könnte das Stadtbild in sehr naher Zukunft aussehen. Vorstellen können sich das die meisten sehr gut – weil diese Bilder so bekannt sind. Aber warum eigentlich?

Seit Jahrzehnten liefert uns Hollywood ein ganz genaues Bild davon, wie unsere Zukunft aussehen könnte. Oder aussehen wird. Und damit auch, wie unsere Städte aussehen könnten. Oder aussehen werden.

Denn die Traumfabrik schult unser Auge mit jedem Film, der in der Zukunft spielt. Und damit prägen diese Filme auch sehr stark unsere Erwartungshaltung und unsere Vorstellung, wie das dann aussehen könnte. Als eindrucksvolles Beispiel funktioniert da in Sachen „Urbane Mobilität“ der Blockbuster „Das fünfte Element“ von Luc Besson ein. In dem bildgewaltigen Film von 1997 zeigt uns der französische Regisseur ein New York in 200 Jahren.

Trotz aller Inszenierung: Was wir da zu sehen bekommen, ist teilweise heute schon Wirklichkeit geworden. Die mit einem sonoren Turbinensound dahingleitende Fahrzeuge nahmen etwa schon im Jahr 1997 die Elektromobilität vorweg. Denn die müssen heute auch – zumindest aus technischer Sicht – keine Geräusche machen. Im Film zu sehen ist auch, dass Pakete wie durch Zauberhand direkt in die Wohnung geliefert werden. Und der belebte Luftraum zwischen den Wolkenkratzern zeigt, wie es aussehen könnte, wenn tatsächlich einmal Drohnen und fliegende Fahrzeuge in die Städte einziehen. 

Fliegende Fahrzeuge können sich Airbus und Uber nämlich sehr gut vorstellen. Beide Unternehmen haben kürzlich angekündigt, selbststeuernde, fliegende Taxis in unsere Städte bringen zu wollen. 

Hollywood zeigt, wie Mobilität der Zukunft aussieht

Der Film „Das fünfte Element“ ist dabei nur eines von unzähligen Beispielen, in denen uns Hollywood ziemlich präzise zeigt, was teilweise erst Jahrzehnte später Wirklichkeit wird. Im Klassiker „Zurück in die Zukunft“ beispielsweise waren schon in den 1980er-Jahren Flachbildfernseher zu sehen, außerdem Autos, die durchaus an Teslas aktuelles Model 3 erinnern, und das berühmte Hoverboard aus dem Film ist mit E-Scootern zumindest in Teilen in unserer Wirklichkeit angekommen. Bei Star Trek war schon in den 1960er-Jahren ein Kommunikator im Einsatz, den man getrost als Vorwegnahme des Smartphones betrachten darf. Allerdings hatte die Videotelefonie sogar schon Fritz Lang auf dem Schirm: in der Mutter aller Science Fiction-Filme Metropolis von 1927.

Die Frage, die sich nun aufdrängt: Hat Hollywood all diese Dinge wirklich vorausgesehen? Oder haben die Bilder, mit denen Hollywood unsere Vorstellungskraft geprägt hat, diese Entwicklungen vielleicht erst angestoßen? Anders gefragt: Hat in Wahrheit nicht Steve Jobs, sondern Stanley Kubrick in seinem Filmklassiker „2001: Odyssee im Weltraum“ das erste Tablet gezeigt?

Das sagt die Wissenschaft

Expertinnen und Experten befassen sich mit diesem Phänomen schon länger. Nathan Shedroff und Christoffer Noessel schreiben in ihrem Buch „Make it so“ über die Kraft von Bildern, die in Filmen und Science Fiction gezeichnet werden: „Zukunftsbilder binden immer auch erwartete Entwürfe, erwartete Funktionen und erwartete Problemlösungen an sich. Entweder, weil sie visuell prognostiziert wurden oder sogar herbeigesehnt werden, da ihre Präsentation als wünschenswert erscheint“. Heißt: Erst, was wir in so einem Film sehen, können wir uns vorstellen. Und vielleicht erscheint uns das ein oder andere Zukunfts-Bild so interessant, dass wir es dann auch wirklich erwarten – oder sogar so haben wollen. Remy Schmitz, Professor für Kognitive Neurowissenschaften mit der Ausführung, nennt Kinofilme wie Star Trek oder Star Wars als Beispiele dafür, wie dort gezeigte Dinge die Erwartungen für zukünftige Endverbraucherprodukte relativ hoch setzen.

Sabine Foraita beschreibt im Magazin IMAGE, welche wichtige Rolle da eben Blockbuster spielen: „Wie das Bild der Zukunft derzeit dominiert wird, ist offensichtlich: Die Medien hatten und haben einen sehr großen Anteil daran, wie wir uns Zukunft bildhaft vorstellen“.

„Bilder sind für den Menschen von besonderer Bedeutung. Die bildgebenden Medien sind allgegenwärtig und somit ist die Rezeption von Bildern enorm angestiegen“, sagt die Professorin für Designwissenschaft weiter. Oder anders ausgedrückt: Je mehr Menschen Hollywood-Filme sehen, um so prägender wird das Bild, das diese Filme von unserer Zukunft vorgeben. Dass dies absolut kein neues Phänomen aus Hollywood ist, verdeutlicht Sabine Foraita mit einem Blick zurück. Bereits im Jahre 1910 wurde zum Beispiel von Robert Sloss eine mobile Kommunikationseinheit als „Das Telephon in der Westentasche“ inklusive WLAN und Vibrationsalarm beschrieben, die ein ziemlich präzises Abbild unseres heutigen Mobiltelefons darstellt. 

Science Fiction stößt Erfindungen an

Klar ist also: Seitdem sich Autoren mit der Zukunft beschäftigen und diese beschreiben, öffnen sie den Blick des Lesenden und schaffen auf diese Weise Bewusstsein für neue Möglichkeiten. Prominentes Beispiel: Jules Verne hat in seinem Bestseller „20.000 Meilen unter dem Meer“ das U-Boot „Nautilus“ beschrieben, bevor es U-Boote gab. Diese Beschreibung war so begeisternd, dass sich Menschen davon inspirieren ließen. Simon Lake, der Erfinder des modernen U-Bootes, las 1870 Jules Vernes Roman und war davon so angetan, dass er das erste voll funktionsfähige Hochsee-Unterseeboot, den Argonaut, fertigstellte. John P. Holland, der das erste in Dienst gestellte U-Boot der US-Marine baute, nannte eine seiner ersten Firmen die Nautilus Submarine Boat Company. Und die US Navy nannte unter anderen das erste nuklearbetriebene U-Boot der Welt „Nautilus“. Hier hat Science Fiction also ohne Zweifel technische Entwicklungen zumindest stark beeinflusst. Ein weiteres Buch von Jules Verne aus dem Jahr 1886, „Robur der Eroberer“, beschreibt ein Schiff, das durch Rotoren in der Luft gehalten wird. Das inspirierte Igor Sikorsky, der viel später, im Jahre 1939 den ersten modernen Helikopter mit dem Namen VS-300 in die Luft steigen ließ. 

Egal ob die Autoren solch prägender Romane oder die Macher global ausgespielter Filme: Ihre Bilder prägen unsere Vorstellung der Zukunft. Sie tun das, indem sie ihrer Fantasie freien Lauf lassen, aber natürlich auch, indem sie sich mit Zukunftsforschern, Erfindern und Entwicklern austauschen. Denn natürlich sind viele technische Entwicklungen schon lang in der Pipeline, bevor sie in serienreife Teil unseres Alltags werden. Aber wie diese Dinge dann aussehen, und damit wie unsere Zukunft aussieht, darauf haben die Bilder aus Hollywood zweifellos großen Anteil.

E-Bike und Roller: Future Concepts wie aus Hollywood

Aber – warum sind Fahrräder und Roller in all diesen futuristischen Hollywood-Produktionen kaum zu sehen? Wer aktuelle Studien wie etwa den Concept Definition CE 04 E-Roller von BMW genauer anschaut, dürfte auch hier den Einfluss von Hollywood erkennen, wie stark Hollywood unsere Erwartungshaltung von Mobilität der Zukunft prägt. Das Teil sieht aus, als wäre es direkt aus der Requisite von „Judge Dredd“ in unsere Gegenwart gerollt. Auch das Beno Reevo, das kürzlich in den USA vorgestellt wurde, hätte das Zeug für einen Auftritt in „Zurück in die Zukunft“. Wenn auch nicht in dieser extremen Form.

Wir sehen also: Unsere mobile Zukunft kennen wir schon. Die Frage ist nur, welche der vielen Bilder und Möglichkeiten davon Wirklichkeit werden.

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