Staffel 4

Wenn der CEO auch Designer ist: Polestar-Chef Thomas Ingenlath im Interview

Wenn der CEO auch Designer ist: Polestar-Chef Thomas Ingenlath im Interview

Es gibt bislang nur wenige Designer, die ein Unternehmen führen. Polestar-CEO Thomas Ingenlath ist einer von ihnen. Im Interview mit dem IAA MOBILITY Visionary Club berichtet er, wie sein beruflicher Hintergrund seine Führungsrolle bereichert – und warum die Branche von mehr Designern auf der Chefetage profitieren würde.

Seine Vita liest sich wie der Traum einer steilen Automobildesign-Karriere: Studium an der Hochschule für Gestaltung in Pforzheim und dem Royal College of Art in London, leitende Funktionen im Design unter anderem bei Volkswagen und Skoda, Direktor des Volkswagen Design Centers in Potsdam, dann Senior Vice President Design bei Volvo – mehr geht eigentlich nicht. Für Thomas Ingenlath schon: Im Juni 2017 wurde der Deutsche zum CEO von Polestar ernannt, das Volvo damals als eigene Marke für sportliche Hybrid- und Elektroautos etablierte. Seither leitet er das Unternehmen und ist zudem in Personalunion als Chief Design Officer für Polestar und Volvo Cars verantwortlich.

Wie gut ist ein Design-CEO für die Automobilbranche?

Damit ist Ingenlath einer von wenigen CEOs mit einem Design-Hintergrund. Ist das vielleicht eine Kombination, von der die Automobilbranche derzeit noch mehr profitieren könnte? Natürlich gehöre zu diesem Führungsjob viel Wissen und ein besonderes Verständnis für die inneren Funktionsweisen eines Unternehmens, sagt Ingenlath im IAA MOBILITY Visionary Club. Welcher Beruf könne besser als der des Designers darauf vorbereiten, ein Unternehmen in eine innovative Zukunft zu führen? Diese rhetorische Frage beantwortet Ingenlath sogleich. Denn auch wenn sich für einen CEO wichtige ökonomische und technologische Fragen stellen: „Am wichtigsten ist es heute zu verstehen, wohin sich die Gesellschaft, die Kultur, die Kunden entwickeln.“ Man müsse erkennen, in welchem Umfeld man sich bewegt und wie man hier erfolgreich ist. „Als Designer ist man gerüstet dafür, visionär auf Zukunftstrends und Kundenmeinungen von morgen zu blicken – und diese früher auf dem Radar zu haben, als es irgendeine Statistik könnte.“ 

Technologie für Kundschaft verständlich machen

Den Zugang der Kundschaft zu Technologie analysieren und erfolgreiche Produkte gestalten: Das sei das Handwerk von Designern. Genau dieses Handwerkszug sei sehr wichtig, um ein Unternehmen in die richtige Richtung zu lenken, selbst, wenn Design nicht der Hauptfokus einer Automarke sei. „Nicht mehr die Technologie, die man erfunden hat, definiert eine Marke, sondern wie man sie für den Kunden nutzbar macht. Diese Interpretation der Technologie, das ist etwas, das man als Designer lernt.”    

Modern interpretierte Tuningschmiede

Ingenlath steht einem Unternehmen vor, das besonderen Wert aufs Design legt. Entstanden aus der Volvo-Tuningschmiede Polestar, setzt das Joint-Venture von Volvo und Geely nach wie vor auf Sportlichkeit und Performance, aber modern interpretiert: nachhaltig und mit einer eigenen Ästhetik. Dazu passt Ingenlaths Verständnis von gutem Design – und die Tatsache, dass er hohe Standards an die Gestaltung anlegt. Design müsse grundlegenden Regeln und Ideen über Proportionen folgen, Funktionen einfach verständlich machen, dabei aber auch eine Bedeutung, einen kulturellen Kontext haben. „Und ich erwarte von Design, dass es über einen langen Zeitraum relevant ist.“

Design fängt bei Sprache an

Bei Polestar stehe entsprechend nicht nur jedes Fahrzeug der Marke, sondern jeder einzelne Aspekt des Unternehmens für einen hohen Anspruch an Design und Ästhetik. Das beginne bei der Sprache und umfasse jeden einzelnen Berührungspunkt, den Kunden mit dem Unternehmen haben. „Als CEO ist es meine Aufgabe, diesen Anspruch tief in allen Abteilungen zu verankern“, so Ingenlath. „Gerade dass ich als CEO einen Hintergrund als Designer habe, macht diese sehr einzigartige Art, wie wir als Unternehmen arbeiten, erst möglich.“