Portrait: Ulrich Prediger
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Ulrich Prediger ist Gründer von JobRad und stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der JobRad Holding SE. Der studierte Volkswirt war zuvor bei einer Medizintechnikfirma tätig. Sein Wunsch, vom Dienstwagen auf ein Dienstfahrrad umzusteigen, wurde dort abgelehnt. Mit der Vision, allen Beschäftigten in Deutschland ein Dienstfahrrad zu ermöglichen, legte Ulrich Prediger 2008 den Grundstein für die heutige JobRad Gruppe.    

Die JobRad Gruppe ist die führende Anbieterin innovativer Dienstleistungen rund um nachhaltige und flexible Radmobilität. Mit der Marke JobRad® ist die Unternehmensgruppe europäische Marktführerin im Fahrradleasing. Auf Ulrich Prediger geht auch die Gründung des JobRad Venture Studios "Startrampe" zurück. Die Startrampe entwickelt neue Geschäftsmodelle rund um nachhaltige Mobilität und treibt Ausgründungen neuer Unternehmen voran.

Interview
mit Ulrich PredigerGründer von JobRad

1. Was wollen Sie auf der IAA MOBILITY vorstellen bzw. über was werden Sie auf der IAA MOBILITY sprechen?  

Wir müssen uns fragen: Wie soll die Zukunft der Mobilität aussehen? Welche Lösungen wollen wir nicht nur für uns selbst, sondern auch für die kommenden Generationen? Aus meiner Sicht ist es unverzichtbar, Mobilität ganzheitlich zu betrachten. Von Mobilität müssen alle Menschen profitieren. Ein wesentliches Element in der Transformation der Mobilität ist das E-Bike. In meinem Vortrag spreche ich über dessen Potenziale für die Wirtschaft, die Umwelt und die Gesellschaft.  

2. Welche technologischen Entwicklungen werden aus Ihrer Sicht die Mobilität in den nächsten Jahren am stärksten prägen?  

Autonomes Fahren wird die größten Veränderungen mit sich bringen. Außerdem glaube ich, dass die Fahrzeuge prinzipiell kleiner, leichter und flexibler werden – dieser Trend wird das Fahrrad und insbesondere das E-Bike stärker in den Mittelpunkt des Mobilitätsmix rücken.  

3. Welche Ziele verfolgen Sie auf der IAA MOBILITY 2025, und welche Themen stehen für Sie im Mittelpunkt?  

Ich möchte Führungskräfte und kreative Köpfe dazu motivieren, Mobilität ganzheitlich zu betrachten. Die Art und Weise, wie zukünftige Mobilitätssysteme gestaltet werden, hat weitreichende Auswirkungen – nicht nur auf uns als Individuen, sondern auch auf die Gesellschaft als Ganzes. Deshalb müssen wir transformative Lösungen entwickeln, die auf den ersten Blick auch unkonventionell scheinen mögen. Dafür brauchen wir möglichst viele Menschen, die bereit sind, ihre Energie und Kreativität in den Aufbau positiver nachhaltiger Mobilitätsszenarien für die Zukunft zu investieren.  

4. Welchem wichtigen Zukunftsthema wird Ihrer Meinung nach in der Mobilitätsdebatte zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt?  

Wir müssen schneller werden. Mobilitätsgewohnheiten lassen sich nicht von heute auf morgen ändern. Die Infrastruktur umzubauen, braucht Zeit, genauso wie die Entwicklung neuer Technologien. Daher gilt es, heute Maßnahmen zu ergreifen, damit diese in Jahren Wirkung entfalten können. Wir müssen unseren Blick auf Mobilität weiten und sie ganzheitlich denken. Mobilität muss daran gemessen werden, ob bzw. wie Menschen ganzheitlich von ihr profitieren. So sind nicht nur das Wohlbefinden und die Gesundheit von Menschen eng mit Fragen der Mobilität verbunden, sondern auch wirtschaftliche Aspekte.   

5. In welchem Bereich der Mobilität sehen Sie das größte Potenzial – und wo besteht noch Nachholbedarf?  

Das größte Potenzial sehe ich klar in einer Mobilitätswende, die das Fahrrad – insbesondere E-Bikes – als Hauptverkehrsmittel für kurze bis mittlere Strecken fördert. Ein wichtiger Punkt ist dabei die Priorisierung des Radverkehrs im Straßenverkehr. Der Platz auf den Straßen wird oftmals vorwiegend für Autos reserviert. Daraus folgt ein erheblicher Nachholbedarf bei der Radinfrastruktur. Städte und Kommunen müssen sich um eine gerechte Verteilung des öffentlichen Raums bemühen, die nachhaltige Mobilitätsformen wie das Fahrrad bevorzugt behandelt.   

Konkret brauchen wir ein flächendeckendes, durchdachtes Netz aus sicheren, breiten und wo nötig beleuchteten Radwegen, die sowohl in Städten als auch im ländlichen Raum Menschen dazu ermutigen, ihre Autos stehen zu lassen. Es fehlen außerdem ausreichend Fahrradparkplätze, die witterungssicher, diebstahlsicher und leicht zugänglich sind. Zusätzlich sollten Radwege besser mit dem öffentlichen Nahverkehr verzahnt werden – etwa durch den Ausbau von Fahrrad-Mitnahmemöglichkeiten in Bussen und Bahnen.   

6. Mit welchen Partnern oder Akteuren möchten Sie sich auf der IAA MOBILITY vernetzen, und warum?  

Ich möchte mich mit motivierten und inspirierenden Personen, die im Bereich Mobilität tätig sind, austauschen. Es ist ein gemeinsamer Kraftakt, Mobilität fit für die Zukunft zu machen. Es ist Aufgabe und Verantwortung von uns allen, nachhaltige Lösungen für die Zukunft von Morgen zu entwickeln – sei es ein:e Automobilmanager:in oder ein:e Politiker:in.  

7. Wie stellen Sie sich die Mobilität der Zukunft vor – und welche konkreten Veränderungen erwarten Sie in den nächsten zehn Jahren?  

Die Mobilität der Zukunft stelle ich mir deutlich nachhaltiger, vielfältiger und menschenzentrierter vor. Autos, insbesondere solche mit Verbrennungsmotoren, werden ihren dominierenden Platz in unseren Städten verlieren – aufgrund des technologischen Fortschritts. Stattdessen wird der Schwerpunkt auf umweltfreundlichen und platzsparenden Fortbewegungsmitteln liegen, wie Fahrrädern, E-Bikes und einem wesentlich besser ausgebauten öffentlichen Nah- und Fernverkehr. Städte werden so zu Orten, die sich an den Bedürfnissen der Menschen orientieren statt am Autoverkehr. Im ländlichen Raum sehe ich Potenzial für die Kombination von Fahrradinfrastruktur mit besserem öffentlichem Nahverkehr und intelligenten Sharing-Modellen. Was ich mir wünsche, ist, dass die Mobilität der Zukunft Raum für Begegnung schafft. Sie sollte die Lebensqualität in Städten und Gemeinden spürbar erhöhen, indem sie ökologische Nachhaltigkeit und soziale Gerechtigkeit miteinander verbindet.   

Interviews im Überblick