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Halb Auto, halb Rad: Machen Velomobile die Städte besser?

Sie wollen nicht weniger als den Stadtverkehr revolutionieren. Für ihre Vision verlassen drei Hersteller die herkömmlichen Pfade und denken Mobilität neu. Werden sie damit erfolgreich sein? Foto: Canyon

Sie wollen nicht weniger als den Stadtverkehr revolutionieren. Für ihre Vision verlassen drei Hersteller die herkömmlichen Pfade und denken Mobilität neu. Werden sie damit erfolgreich sein? Foto: Canyon

Velomobile bilden die perfekte Kombination aus Auto und Fahrrad: Mit ihrer wetterfesten Karosserie und ihrem umweltfreundlichen Antrieb bringen sie die Vorteile beider Welten zusammen. Im Stadtverkehr der Zukunft könnten sie für mehr Platz und saubere Luft sorgen.

Vier Räder, ein Dach und ein kleiner Kofferraum – auf den ersten Blick sehen Velomobile aus wie Autos, doch unter ihrer Karosserie befindet sich ein Fahrrad mit Elektro-Motor. Die Idee: Durch den Witterungsschutz und die Tret-Unterstützung sollen die Kabinenräder für mehr Komfort, Sicherheit und Stabilität sowie eine höhere Reisegeschwindigkeit und zusätzlichen Stauraum im Vergleich zum normalen Fahrrad sorgen. Velomobile eignen sich deshalb besonders gut zum Pendeln und werden von ihren Herstellern als nachhaltige Mobilitätslösung für den urbanen Raum und die Zukunft des Stadtverkehrs beworben. Mit dem Velomobil gegen Parkplatzmangel und Klimawandel? Die folgenden drei Modelle haben sich genau das zum Ziel gemacht.

Der Bio-Hybrid: Eine neue Kategorie Fahrrad

„Vier Räder, ein Dach, elektrisch unterstützt“, dazu „stylisch, trendig und digital vernetzt“ - so beschreibt die Bio-Hybrid GmbH ihr gleichnamiges Velomobil. Ein seriennaher Prototyp des modernen Alltagshelfers konnte bereits 2019 auf der Consumer Electronic Show (CES) in Las Vegas begutachtet werden. Seit Dezember 2020 lassen sich die als Pedelec zugelassenen Fahrzeuge nun auch online bestellen. Ab einem Preis von 9.490 Euro können Käufer zwischen zwei Modellen auswählen: Einem kompakten Zweisitzer und einem Pick-Up mit Ladefläche. Mit den beiden Modellen verfolgt Gerald Vollnhals, Leiter der Bio‑Hybrid GmbH, große Visionen: „Ein zentrales Ziel ist es, den drohenden Verkehrskollaps in Großstädten zu verhindern und diese fußgängerorientierter und lebenswerter zu machen“. Dafür will der Chef von Bio-Hybrid das Verkehrsaufkommen mittels neuer, intelligenter Fahrzeugkonzepte entzerren. „Gefragt sind Fahrzeuge, die in einem vernetzten und systemischen Miteinander eine hohe Flexibilität bei geringem Flächenbedarf erreichen. Genau das bietet der Bio‑Hybrid“, so Vollnhals. Um dem Anspruch als Stadt-Rad der Zukunft auch in digitaler Hinsicht gerecht zu werden, lässt sich das Velomobil mit einer App verbinden, über die gefahrene Touren oder der Batteriestatus abgerufen werden können. Die portable Batterie mit 1,2 kWh Energie und 48 Volt Spannung lässt sich an handelsüblichen Haushaltssteckdosen aufladen und unterstützt den Fahrer bis zu einer Geschwindigkeit von 25 Kilometern pro Stunde.

Das Pod-Bike: Windschnittig und funktional

Einen ähnlichen Ansatz wie Bio-Hybrid verfolgt auch der norwegische Hersteller Podbike, dessen Velomobil namens FRIKAR allerdings eher eine Mischung aus Auto und Liege-Fahrrad darstellt. Entsprechend flach und futuristisch kommt die windschnittige E-Bike-Kapsel auch daher. Ihr Design erinnert dabei ein wenig an das in den Nullerjahren populär gewordene „1-Liter-Auto“ von Volkswagen. Doch anders als das Verbrenner-Konzept wird das als Pedelec zugelassene FRIKAR mit einem E-Motor angetrieben, der Fahrer beim Treten bis zu einer Geschwindigkeit von 25 Kilometer pro Stunde unterstützt. Auf diese Weise sollen die wind- und regengeschützten E-Liegeräder mit einer einzigen Batterieladung eine Strecke von 60 bis 90 Kilometer zurücklegen können. Eine beachtliche Distanz, die das Velomobil vor allem seinem geringen Luftwiderstand und seiner konsequenten Leichtbauweise verdankt und die es ebenfalls zu einem idealen Pendler-Fahrzeug macht. Nach mehreren Jahren der Entwicklung und ausführlichen Praxistests ist das Podbike 2022 in die Serienproduktion gegangen und soll im Laufe des Jahres 2023 an erste Kunden in Norwegen und der EU ausgeliefert werden. Die elektrischen Liegeräder mit Glaskuppel können in verschiedenen Ausführungen ab einem Preis von 7.436 Euro auf der Seite des Herstellers gegen eine Anzahlung vorbestellt werden.

Das Future Mobility Concept von Canyon

Canyon ist ein deutscher Fahrrad-Hersteller, der sich jüngst einen Namen in der Mountainbike- und Rennrad-Szene gemacht hat. Der Grund: Die Fahrräder von Canyon fallen durch ihre hohe Qualität und ihr besonders puristisches Design auf und werden von einigen Profisportlern genutzt. Seine zweistelligen Wachstumsraten verdankt das Unternehmen dennoch dem Verkauf sogenannter Commuter, also Alltags-Rädern, die sich besonders gut zum Pendeln eignen. Die Idee, ein Premium-Velomobil zu entwickeln, lag für die Koblenzer Radschmiede also durchaus auf der Hand – genauso wie der Anspruch, dem Kabinenrad ein möglichst zeitloses Design zu verpassen. Mit dem Future Mobility Concept ist das gelungen. Im Profil wirkt das futuristische Gefährt wie ein besonders stylischer und urbaner Kleinwagen. Erst wenn man die nur 83 Zentimeter schmale Front sieht, könnte man darauf kommen, dass es sich bei dem Fahrzeug um ein Elektro-Fahrrad handelt.

Doch das Konzept-Rad von Canyon setzt sich nicht nur durch sein hochwertiges Design ab. Auch der Antrieb des Fahrzeugs unterscheidet sich von anderen Velomobilen und bietet deutlich mehr Elektro-Power als die als Pedelec zugelassenen Geschwister. So soll das Rad seine Tret-Unterstützung nicht bereits bei 25 Kilometer pro Stunde einstellen, sondern Geschwindigkeiten von bis zu 60 km/h ermöglichen. Dafür verfügt es über zwei E-Motoren mit jeweils 1000 Watt und eine Batterie mit etwa 2 kWh Energie für rund 150 Kilometer Reichweite. Wann das futuristische Fahrzeug auf den Markt kommt, ist bisher noch unklar. „Zu diesem Zeitpunkt ist es ein Ausblick, eine Vision, die die Chance beinhaltet, einen entscheidenden Beitrag für einen verantwortungsvollen, nachhaltigen und gesunden Lebensstil zu schaffen“, so der Hersteller auf seiner Webseite. Wer jedoch schon mal einen Blick in die Zukunft werfen möchte, kann das im Koblenzer Ausstellungsraum von Canyon tun.

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